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Genealogische Spurensuche
Erste Spuren in Diepholz vor 1600 |
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Familiengeschichte - ein Puzzle Als mein Vater mich Anfang der 2000er Jahre bat, die Daten zu digitalisieren, die er seit Jugendzeiten über seine Familie gesammelt hatte, war ich nicht auf die Fülle von Informationen gefasst. Mithilfe des Genealogieprogramms GENprofi hatte ich am Ende die Daten von mehr als 350 Vorfahren erfasst. Die kompletten Datenbanken, die hier nicht veröffentlicht werden, bestehen aus Vor- und Familiennamen, Geburts- und Sterbedaten, Angaben zur Religion, sowie Geburts- und Sterbeorten. Manchmal sind auch Berufe, Taufdaten etc. genannt. Manche Vorfahren sind sehr alt geworden. Viele sind jung oder schon im Kindesalter gestorben. Unvorstellbar, was das für die jeweiligen Familien bedeutet haben mag. Es gab Vorfahren, die ihre Heimat nie verlassen haben. Es gab solche, die in die weite Welt gezogen sind und nie an die Orte ihrer Geburt zurückkehrten. Warum? Vielleicht fanden sie in der Heimat keine gesicherte Existenz oder sie war ihnen einfach zu eng. So wurde unsere Familie - wie jede Familie - im Laufe der Jahrhunderte durch persönliche und historische Ereignisse sowie durch Orte und Regionen geprägt. Ich suchte zusätzliche Informationen über die Zeiten und Räume, die ihr Leben beeinflusst haben, und fand sie in Geschichtsbüchern, regionalen Chroniken und anderen historischen Abhandlungen. Je länger ich mich mit dem Material beschäftigte, umso stärker wurde mein Interesse an der individuellen Geschichte Einzelner. Manchmal war es ein besonderes Foto oder ein spezielles Lebensdatum, das meine Aufmerksamkeit fesselte. Meist aber waren es Zufälle, die lustige, traurige, aber auch entsetzliche Geschichten zutage brachten. Vereinzelte Schlaglichter brachten etwas Licht ins Dunkel. Am Ende ergab sich ein Gesamtbild, das aber bis heute eher einem unvollständigen Puzzle gleicht.
Vorfahren der Familie Lehnkering aus Diepholz Die Familie meines Vaters stammt väterlicherseits in direkter Linie von Heinrich Lehnkering und seiner Frau Catrina ab. Sie waren um 1600 in Diepholz (heute in Niedersachsen gelegen) ansässig. Seine Vorfahren verließen später die Moorlandschaft Nord-Westdeutschlands und gründeten Familien in Holland, im Ruhrgebiet oder am linken Niederrhein. Ihre Heimatorte hießen Diepholz, Arnheim, Duisburg, Ruhrort, Oberhausen, Sterkrade, Mülheim an der Ruhr, Neukirchen, Rayen oder Rheurdt. Zum Familiennamen Lehnkering kamen durch Heirat die Namen Vielhaber, Hesselmann, Groweg, Neynhaus, Minhorst, Rehmann und andere mehr. - Geschichte der Familie Lehnkering
Es gibt zahlreiche genealogische Verflechtungen, unter anderem mit den Vorfahren meines Vaters mütterlicherseits. Die Familie meiner Großmutter Anna Lehnkering, geb. Sommer (1887-1966) hat Wurzeln in Züllichau in Brandenburg (heute Sulechow in Polen), Skampe, Neumark in Brandenburg, Harpersdorf in Schlesien (heute Rochow), Armenruh, Kreis Goldberg–Haynau, Gut Taschenhof. Eine andere Linie lässt sich nach Mondsee und Goisern bei Bad Ischl in Österreich verfolgen. Die Namen der Familien waren Sannert, Kärger, Kittel, Winterauer, Pomberger, Stabauer und, und ... Ihre Nachkommen lebten später in Atteln, Essen Carnap und anderen Orten Westfalens, in Mülheim a. d. Ruhr und Düsseldorf.
Annas Spuren
Ohne
die Bitte meines Vaters, seine gesammelten genealogischen Daten zu
digitalisieren, wäre ich wohl kaum auf die Spuren seiner Schwester
Anna Lehnkering gestoßen. Vielleicht war es Zufall, vielleicht
steckte - wenn auch unbewusst - Absicht dahinter. Auf jeden Fall ist
es eine Ironie der Geschichte,
denn mein Vater hatte die Informationen über seine Vorfahren als
Schüler während der Zeit des Nationalsozialismus gesammelt, in einer
Zeit, in der man die Genealogie in den Dienst
der Blut-und-Boden-Ideologie und des Antisemitismus gestellt hatte.
Nun waren es ausgerechnet diese Daten, erhoben auf dem unsäglichen
Hintergrund der nationalsozialistischen Rassen- und Erbhygiene, die
die Unmenschlichkeit dieser Ideologie zu Tage brachten. - All das habe ich in dem 2012 erschienen Buch Annas Spuren - Ein Opfer der NS-"Euthanasie" verarbeitet. - siehe auch Annas Geschichte - Einige Gedanken zum Thema Vorfahren Urmutter der Menschheitsfamiilie
Vorfahren aus dem Salzkammergut in Österreich Eine Linie meiner Vorfahren führt nach Österreich. Die Namen meiner Ahnen aus dem Salzkammergut sind unter anderem Stabauer, Winterauer, Pomberger oder Gaßner - Namen, die bis heute in der Gegend um Bad Ischl zu finden sind.
Das Foto dieses alten Paares begleitet mich schon mein ganzes Leben. Viele Jahre habe ich es lediglich als Zeugnis der frühen Fotografie betrachtet. Anton Stabauer und seine Frau Anna (geb. Winterauer) sind 1798 bzw. 1814 geboren - so steht es auf der Rückseite des Bildes. Die Sterbedaten sind in den Unterlagen meines Vaters nicht zu finden. Es ist lediglich bekannt, dass Anna in Goisern geboren wurde und zweiundzwanzig Jahre alt war, als sie den sechzehn Jahre älteren Anton aus Mondsee heiratete. Ihre 1838 in Goisern geborene Tochter Anna wurde meine Ururgroßmutter. Als das Foto entstand, war das Fotografieren noch nicht lange erfunden und der Besuch in einem Fotoatelier vermutlich etwas Besonderes. Der Feststaat der beiden zeugt von der Bedeutung der Situation. Sie wirken etwas steif in der Kulisse - postiert vor einer Landschaftstapete neben einem kunstvoll drapierten Brokatvorhang, die Hand von Anton gestützt auf ein barockes Tischchen. Was mag in ihnen vorgehen? Ihr ernsthafter Blick verrät es nicht. Anton und Anna lebten inmitten einer wunderschönen Landschaft, umgeben von Bergen und Seen, in einer Region, die zu ihren Lebzeiten - ab etwa 1800 - touristisch erschlossen wurde. Das in der Nähe gelegene Bad Ischl entwickelte sich zu einem bedeutenden Kurort, in dem die Kaiserfamilie ihre Sommerresidenz hatte, und wo die europäische High Society des neunzehnten Jahrhunderts im Solebad kurte. Zurück zum Foto: Als es aufgenommen wurde, waren Anna und Anton augenscheinlich nicht mehr die Jüngsten. Vermutlich gehörten sie zum bäuerlichen Stand. Waren sie arm oder wohlhabend? Ihre Kleidung spricht eher für Letzteres. Vermutlich konnte sich auch nicht jeder ein Foto in einem der neumodischen Fotoateliers leisten. Haben die Stabauers oder Winterauers vom Tourismus der frühen Jahre profitiert? Ich weiß es nicht. Die Welt der beiden scheint so unendlich weit entfernt von meiner zu sein. Und doch sind sie eng mit mir verbunden, so eng, wie Vorfahren es eben sind. Die Familiengeschichte erzählt, dass ihre Tochter Anna, meine Ururgroßmutter, das Salzkammergut Mitte des 19. Jahrhunderts verließ und der Familie eines wohlhabenden Kurgastes (angeblich handelte es sich um einen britischen Gesandten) als Zofe nach Düsseldorf folgte. Dort traf sie Wilhelm Ernst Kärger, der seinerseits aus Züllichau in Brandenburg stammte. Die beiden heirateten 1865 in Düsseldorf.
Eins der fünf Kinder von Anna Stabauer und Wilhelm Kärger hieß Bertha Wilhelmine. Sie wurde meine Urgroßmutter. Berthas Tochter Anna Johanna Helene war meine Großmutter. Hinter den Namen von Mutter und Tochter verbergen sich traurige Schicksale. Aus der Ehe von Bertha Kärger und Robert Sommer stammen fünf Kinder. 1901 - kurz nachdem das Familienfoto aufgenommen worden war - fiel Bertha im Alter von 36 Jahren der Gelsenkirchener Typhusepidemie zum Opfer*. Ihr ältester Sohn war gerade fünfzehn geworden. Das jüngste Kind war noch nicht einmal drei Jahre alt. Welch ein Unglück für die Familie! Meine Großmutter Anna (später Lehnkering) musste nicht nur den Verlust der Mutter verarbeiten, sondern als älteste Tochter - sie war damals dreizehn Jahre alt - viele hausfrauliche Pflichten übernehmen. Die Erlebnisse prägten sie nachhaltig. Auch Annas weiteres Leben war von vielen Schicksalsschlägen überschattet. In meinem Buch Annas Spuren - Ein Opfer der NS-"Euthanasie" geht es zwar hauptsächlich um das Schicksal ihrer Tochter (die auch Anna hieß), aber das Leben meiner Großmutter ist natürlich auf Engste damit verflochten. * Übrigens wurde nach der Typhus-Epidemie in Gelsenkirchen mit etwa 3200 Erkrankten und mehreren Hundert Toten der Verein zur Bekämpfung der Volkskrankheiten im Ruhrgebiet (heutiger Träger des Hygieneinstituts) gegründet.
Eine Geschichte aus dem alten Sterkrade -
Im Verlauf meiner Spurensuche ergaben sich auch skurrile Geschichten. So bin ich beispielsweise vor einigen Jahren im Alt-Sterkrader Heimatkalender auf eine "Räuberpistole" gestoßen, die sich dort Ende des 19. Jahrhunderts abgespielt hat. Die Rede war unter anderem von einem Polizeisergeanten Lehnkering. Ich habe die Spur von meinem Vorfahren damals nicht weiter verfolgt, bis mich 2019 eine Anfrage des Oberhausener Polizeihistorikers Klaus van Dellen erreichte und ... siehe Eine Geschichte aus dem alten Sterkrade
Vorfahren aus dem Westerwald
Im Laufe der Zeit habe ich auch Daten über die Familie meiner Mutter gesammelt und digitalisiert. Die Datenbank der Familien Schmidt und Lehwalder umfasst mehr als 170 Personen und reicht zurück bis Anfang des 19. Jahrhunderts. Die Vorfahren meiner Mutter waren sehr sesshaft und lebten viele Generationen lang in dem kleinen hessischen Dorf Hirschberg (Dillkreis) im Westerwald. Die Orte, aus denen die Zugezogenen kamen, waren selten weiter als zehn Kilometer von Hirschberg entfernt. Sie hießen Ballersbach, Haiern, Driedorf und Seilhofen. Am weitesten entfernt war das Dorf Gemünden im Kreis Usingen, aus dem der Großvater meiner Mutter, Johann Lehwalder, stammte. Angesichts dieser Sesshaftigkeit war es außergewöhnlich, dass mein Großvater Friedrich Schmidt 1904 als Soldat des Kaisers nach Afrika aufbrach. Die Geschichte meiner Großeltern Fritz und Martha gehört zu denjenigen, auf die ich erst nach Sichtung von Fotos und Daten aufmerksam wurde, und die ich dann etwas genauer recherchierte.
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